„Seht, ich habe es euch doch gesagt, wir sollen die Menschen fröhlich machen.”

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Gottesdienst zum Nachlesen: Gottesdienst zum 7. Sonntag nach Trinitatis, 26.07.2020

Johannes eilt herbei, um der trauernden Maria zu helfen; Detail aus der Predella des Marienaltars. (Foto: Lademann)

Wir feiern den Gottesdienst zum 7. Sonntag nach Trinitatis (26. Juli) mit Pfarrerin Dr. Anna-Karena Müller in der Elisabethkirche mit corona-bedingt begrenzter Besucherzahl. Für diejenigen, die (deshalb) nicht persönlich anwesend sein konnten, haben wir hier einen Lesegottesdienst mit den Lied-, Lesungs- und Predigttexten vorbereitet.

Gottesdienst zum 6. Sonntag nach Trinitatis aus der Elisabethkirche: In ihrer Predigt geht Pfarrerin Dr. Anna-Karena Müller auf das 13. Kapitel (Ermahnungen für den Alltag) aus dem Hebräerbrief ein. Die ersten drei Verse darin lauten:  "1 Die Liebe zu denen, die euch vertraut sind, bleibe! 2 Die Liebe zu denen, die euch fremd sind, aber vergesst nicht - so haben manche, ohne es zu wissen, Engel beherbergt. 3 Denkt an die Gefangenen, weilauch ihr Gefangene seid; denkt an die Misshandelten, weil auch ihr Verletzliche seid."

Während des Gottesdienstes erhalten ebenfalls vier neue, junge Kirchenführer*innen, die vor wenigen Tagen noch ihre Probeführungen absolviert hatten, ihre zertifikate überreicht.


Sie sind jetzt nun eingeladen, die Texte dieses Gottesdienstes zu lesen. Suchen SIe sich zuvor einen stillen Ort. Machen Sie es sich bequem. Vielleicht zünden Sie eine Kerze an. Singen, lesen, hören und beten Sie mit. Wir wünschen Ihnen Gottes Segen.

(Lese-)Gottesdienst zum 7. Sonntag nach Trinitatis
26. Juli 2020

mit Pfarrerin Dr. Anna-Karena Müller

[Text- und Liedblatt als PDF-Download hier klicken]

Musik


Begrüßung


Psalmgebet

Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
      So sollen sagen, die erlöst sind durch den Herrn,
      die er aus der Not erlöst hat,
die er aus den Ländern zusammengebracht hat
von Osten und Westen, von Norden und Süden.
      Die irregingen in der Wüste, auf ungebahntem Wege,
      und fanden keine Stadt, in der sie wohnen konnten,
die hungrig und durstig waren
und deren Seele verschmachtete,
      die dann zum Herrn riefen in ihrer Not
      und er errettete sie aus ihren Ängsten
und führte sie den richtigen Weg,
dass sie kamen zur Stadt, in der sie wohnen konnten:
      Die sollen dem Herrn danken für seine Güte
      und für seine Wunder,
      die er an den Menschenkindern tut,
dass er sättigt die durstige Seele
und die Hungrigen füllt mit Gutem.
Amen
(Psalm 107,1-9)

 

Lied: EG 449, 1.4.6.8

1. Die güldne Sonne voll Freud und Wonne
bringt unsern Grenzen mit ihrem Glänzen
ein herzerquickendes, liebliches Licht.
Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder;
aber nun steh ich, bin munter und fröhlich,
schaue den Himmel mit meinem Gesicht

4. Abend und Morgen sind seine Sorgen;
segnen und mehren, Unglück verwehren
sind seine Werke und Taten allein.
Wenn wir uns legen, so ist er zugegen:
wenn wir aufstehen, so lässt er aufgehen
über uns seiner Barmherzigkeit Schein.

6. Lass mich mit Freuden ohn alles Neiden
sehen den Segen, den du wirst legen
in meines Bruders und Nähesten Haus.
Geiziges Brennen, unchristliches Rennen
nach Gut mit Sünde, das tilge geschwinde
von meinem Herzen und wirf es hinaus.

8. Alles vergehet, Gott aber stehe
tohn alles Wanken; seine Gedanken
sein Wort und Wille hat ewigen Grund.
Sein Heil und Gnaden, die nehmen nicht Schaden,
heilen im Herzen die tödlichen Schmerzen,
halten uns zeitlich und ewig gesund.


Lesung: Jesaja 58,7-12

"7Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 8Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. 9Dann wirst du rufen und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, 10sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, unddein Dunkel wird sein wie der Mittag. 11Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasserfehlt. 12Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: "Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne".


Lied: EG 631

In Gottes Namen wolln wir finden, was verloren ist,
in Gottes Namen wolln wir suchen, was verirrt ist,
in Gottes Namen wolln wir heilen, was verletzt ist,
in Gottes Namen wolln wir stärken, was geschwächt ist,
in Gottes Namen wolln wir hüten, was lebendig ist,
wie einen Augapfel, wie mein Kind, wie eine Quell
ein Gottes Namen.
Amen


Ansprache

Liebe Gemeinde,
kürzlich hatten wir die Probeführungen von vier jungen Kirchenführerinnen und Kirchenführern. Nach einer dieser Führungen trafen wir die Mutter eines der Jugendlichen draußen vor der Kirche. "Wenn ich mitgegangen wäre, wäre ich viel zu gerührt gewesen", sagte sie. Das konnte ich mir sofort vorstellen – und Sie werden das auch kennen:
Menschen, etwas, das wir erleben, rühren uns an. So stark, dass wir vielleicht sogar ein wenig die Kontrolle über uns verlieren. Oder jemand, etwas rührt uns so an, dass wir aus dem normalen Trott herausgerissen werden und uns zuwenden.
Berührt werden können – etwas zutiefst Menschliches.
Diese Fähigkeit scheint uns mitgegeben. Aus dieser Fähigkeit lässt sich viel für das Miteinander ableiten:
Ich lasse mich anrühren und dadurch entsteht eine Beziehung. Wenn Sie sich an einen Moment erinnern, an dem Sie in dieser Weise berührt, angerührt waren, dann erinnern Sie sich vielleicht auch: Das passiert ohne Nachdenken. Der Körper, der Mensch empfindet etwas – für das Gegenüber.

In den Bibelversen, die heute als Predigttext vorgeschlagen sind, werden Aufforderungen, wie wir leben sollen, eben so begründet:  
Mit dem Einfühlungsvermögen, der Empathie:
"1 Die Liebe zu denen, die euch vertraut sind, bleibe!
2 Die Liebe zu denen, die euch fremd sind, aber vergesst nicht - so haben manche, ohne es zu wissen, Engel beherbergt.
3 Denkt an die Gefangenen, weilauch ihr Gefangene seid; denkt an die Misshandelten, weil auch ihr Verletzliche seid."

Diese Sätze stehen im Hebräerbrief, einem Lehrschreiben, das über elf Kapitel lang sehr gelehrt, sehr komplex, auch ein bisschen kompliziert erklärt, was es mit dem Kommen Christi auf sich hat, was das alles bedeutet und vor allem, dass es schon immer auf den Glauben ankam und ankommt.
Und schließlich, ganz am Schluss, stehen einige Lebensanweisungen für die Gemeinde. Sie sind sozusagen Auswirkungen und Ausführungen des Glaubens, des Gottvertrauens. Sie entspringen unserem Menschsein, werden begründet mit Empathie. Weil wir verletzlich sind, sollen wir an Misshandelte denken, an Menschen, denen Verletzungen zugefügt wurden.

Wir sind verletzlich – und das sollen und müssen wir nicht verbergen.
Das ist kein Makel.
Im Gegenteil: Verletzlichkeit gehört ganz grundsätzlich zu uns. Sie ist etwas für Menschen, ja für alles Lebendige Wesentliches.
Ja, das ist nicht unbedingt schön; verletzlich sein birgt Gefahren. Ich kann mich verletzen, kann verletzt werden und verletze andere. Darum kommt kein Mensch herum.

In den letzten Jahren haben wir ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickelt, wie verletzlich unsere Welt ist – und wie verletzt schon. Und wir kommen nicht darum herum: Wir leben immer auf Kosten anderer, verletzen also. Das tun die meisten nicht gern. Doch wir können daran denken:
"Denkt an die Misshandelten, weil auch ihr Verletzliche seid", "denn auch ihr lebt im Leib", wie es wörtlich heißt.
Unser Leib, unser Körper: Das sind ja wir.
Und nach der biblischen Beschreibung des Menschen gibt es genau genommen keine Trennung von Leib, Seele, Geist. Wir sind Leib, Körper, notwendigerweise, um überhaupt Menschen zu sein – und also sind wir verletzlich.

Und weil das so ist, für alles Leben, kann ich so an die eigene Verletzlichkeit denken, dass ich Empathie entwickele. Nicht bloß Mitleid mit dem anderen, der gerade in einer schwierigen Situation ist – aber doch distanziert von mir. Sondern ich kann mit empfinden – denn ich bin ja genauso verletzlich wie er oder sie.
Wir sind "im Leib", "im Körper", "Verletzliche" – nicht als Schwäche, etwas das zu überwinden wäre.
Sondern als wesentlich für das Menschsein – sogar für das wahre Menschsein.
So zeigt es Jesus.
Er hat sich berühren lassen, davon erzählen die Evangelien, hat Freude mitempfunden, hat Leid und Trauer mitempfunden – als einer, der eben selber verletzlich war.
Vielleicht ist es in unserer Zeit auch für uns Christen besonders nötig, uns immer wieder und neu daran zu erinnern:
Das wahre Menschsein, das Christus zeigt, ist keineswegs erfüllt in Gesundheit und Stärke. Der Mensch, in dem Gott selbst sich erkennen lässt eben als Mensch, wie der Mensch sein soll, dieser Mensch ist ein zutiefst angerührter, verletzlicher Mensch.
Und weil er das nicht nur theoretisch ist, zeigt auch der auferstandene Christus seine Wundmale, seine Verletzungen.

Die Verletzlichkeit, die zu uns, zum Menschsein, zu jedem Leben gehört – sie ist kein Makel.

Im Gegenteil. Gerade der umgekehrte Blick ist geläufig: Ganz und gar "unmenschlich" erscheint uns jemand, wenn er empathielos, ohne jedes Gefühl für den anderen Menschen handelt, oft etwas Grausames tut.
Und obwohl das oft Menschen sind, die sich selbst als stark und unangreifbar darstellen möchten, fehlt ihnen doch ebendas, die Fähigkeit, mitzuempfinden.

Durch die Verletzlichkeit sind wir gerade menschlich, können uns einfühlen in andere, lassen uns berühren.

So sind die Aufforderungen im Hebräerbrief keine trivialen Anweisungen, sondern sehr klare und bedeutsame Folge aus dem, was wir glauben – aus dem Blick auf den, dem wir glauben.
Aus dem Blick auf den, der uns Gott zeigt und wie das Leben gelingt, berührt, menschlich.
Amen


Musik


Vorstellung der neuen Kirchenführerinnen und Überreichung der Zertifikate
 

Fürbitten und Vaterunser

Gott, wir bringen unser Leben vor dich und die Welt, in der wir leben.
Wir glauben deinem Wort, dass du für alle Menschen das Leben willst – Frieden, Gemeinschaft, Gerechtigkeit.Darum danken wir und loben dich – und wir bitten.
Wir bitten dich für die Menschen, die durch Gewalt und Habsucht um ihr Leben gebracht werden.
Wir bringen vor dich die Menschen, die hungern, an so vielen Ortender Welt, während andere immer reicher werden. ----
Gott, sei ihnen lebendige Hoffnung, wehre dem Unrecht und zeige Wege in ein aufmerksames Miteinander, auch durch uns.
Wir bitten dich für die vielen, die unter Krieg und Gewalt leiden, für die, die ihre Heimat verlassen um zu leben; wir bitten dich für die, vermitteln und Brücken bauen. ---
Gott, beschütze die Zukunftshoffnung, lass' Wege zum Frieden finden, auch von uns.
Wir bitten dich für die Menschen, die mutlos sind und müde, für die, die sich ungeliebt fühlen und allein. ---
Gott, sei ihnen nah mit deiner Liebe, stifte Freundschaft und Nähe, auch durch uns.
Wir bitten dich für unsere Kranken an Leib oder Seele;auch für alle, die einen Menschen verloren haben und trauern; für die, die Angst um einen anderen haben. ----
Gott, schaffe Licht, auch im Schatten des Todes, wehre der Einsamkeit, auch durch uns.
Treuer Gott, du hast uns miteinander verbunden zu deiner Gemeinde. Wir suchen dich im gemeinsamen Lob, in der gemeinsamen Klage. Stärke unser Vertrauen auf dich.

Mit den Worten, die Jesus un s gelehrt hat, bitten wir:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name;
dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern;
und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit,
Amen


Lied:EG+ 143

Refrain:
Behutsam leise nimmst du fort
die Dämmrung von der Erde,
sprichst jeden Morgen neu dein Wort:
Es werde, es werde.

1.Es werde Licht an diesem Morgen,
in dem das Alte neu erstrahlt,
erscheinen wird, was noch verborgen,
in Farben bunt das Leben malt.
Es werde Licht für die Menschen in jedem Land.
Halt über uns deine segnende Hand.

Refrain

2. Es werde Kraft an diesem Tage
und Mut zum Wirken in der Welt
und Sinn in jeder neuen Frage,
die heute uns zur Rede Stellt.
Es werde Kraft für die Menschen in jedem Land.
Halt über uns deine segnende Hand.

Refrain

3. Es werde Glück in Augenblicken
für alle, die voll Sehnsucht sind.
Du wirst und einen Engel schicken,
den Hauch von deines Geistes Wind.
Es werde Glück für die Menschen in jedem Land.
Halt über uns deine segnende Hand.

Refrain

4. Es werde Trost in langen Stunden
für alle, die gefesselt sind,
an Krankheit, Angst in Not gebunden,
für Mann und Frau, für Greis und Kind.
Es werde Trost für die Menschen in jedem Land.
Halt über uns deine segnende Hand.

Refrain

 

Segen

Gott segne dich und behüte dich.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Amen

Musik
 


Mitwirkende:

Orgel: Nils Kuppe
Liturgie und Predigt: Pfrin. Dr. Anna-Karena Müller

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Bemerkungen :

  • user
    Uli DICKOW 26.07.2020 um 16:39

    Vielen Dank für die segensreiche Auslegung des Bibeltextes. Für mich war die Auslegung aus persönlichen Gründen sehr hilfreich. Seien Sie Gott befohlen


    P. S. Habe schon des öfteren Predigten von Ihnen gelesen, vielen Dank