„Seht, ich habe es euch doch gesagt, wir sollen die Menschen fröhlich machen.”

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Gottesdienst zum Nachlesen zum 13. Sonntag nach Trinitatis, 6.9.2020

Elisabeth als Diakonin. Sie verteilt Brot an Arme. Fresko an der Mittelsäule der Elisabethkirche. Foto: Bernhard Dietrich

Wir feiern den Gottesdienst zum 13. Sonntag nach Trinitatis (6. September) mit Propst Helmut Wöllenstein in der Elisabethkirche mit corona-bedingt begrenzter Besucherzahl. Für diejenigen, die (deshalb) nicht persönlich anwesend sein konnten, haben wir hier einen Gottesdienst zum Nachlesen mit den Lied-, Lesungs- und Predigttexten vorbereitet.

Gottesdienst zum 13. Sonntag nach Trinitatis aus der Elisabethkirche: In seiner Predigt geht Propst Wöllenstein mit aktuellem Bezug auf Streit unter Christen ein - Bezug nehmend auf die Apostelgeschichte 6, 1-7 (Die Wahl der sieben Diakone), in der ein ähnlicher Fall um "griechische Witwen" und deren Versorgung skizziert und über (Un-)Gerechtigkeiten und Nächstenliebe berichtet wird.

Sie sind jetzt nun eingeladen, die Texte dieses Gottesdienstes zu lesen. Suchen SIe sich zuvor einen stillen Ort. Machen Sie es sich bequem. Vielleicht zünden Sie eine Kerze an. Singen, lesen und beten Sie mit. Wir wünschen Ihnen Gottes Segen.

(Lese-)Gottesdienst zum 13. Sonntag nach Trinitatis
6. September 2020

mit Propst Helmut Wöllenstein

[Text- und Liedblatt als PDF-Download hier klicken]

Musik zum Eingang


Begrüßung


Lied 449: 1+4

1.
Die güldne Sonne/ voll Freud und Wonne/
bringt unsern Grenzen / mit ihrem Glänzen/
ein herzerquickendes, liebliches Licht. /
Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder;/
aber nun steh ich, bin munter und fröhlich, /
schaue den Himmel mit meinem Gesicht.

4.
Abend und Morgen/ sind seine Sorgen; /
segnen und mehren, / Unglück verwehren /
sind seine Werke und Taten allein. /
Wenn wir uns legen, / so ist er zugegen;/
wenn wir aufstehen, / so lässt er aufgehen /
über uns seiner Barmherzigkeit Schein.


Psalmgebet im Wechsel

Wohl dem, der den Herrn fürchtet,
der große Freude hat an seinen Geboten!
     Wohl dem, der barmherzig ist und
     gerne leiht und das seine tut, wie es recht ist!

Denn er wird niemals wanken;
der Gerechte wird nimmermehr vergessen.
     Vor schlimmer Kunde fürchtet er sich nicht;
     sein Herz hofft unverzagt auf den Herrn.

Sein Herz ist getrost und fürchtet sich nicht,
Er streut aus und gibt den Armen;
     seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich.
     Seine Kraft wird hoch in Ehren stehen.

Gesungen: Ehr sei dem Vater und dem Sohn …
 

Gebet:

Barmherziger Gott,
du selbst bist die Liebe
du entzündest in unseren Herzen ein Feuer,
so dass wir einander lieben – wie du uns liebst,
in Jesus Christus deinem Sohn,
der mit dir und den Heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
 

Lesung Apostelgeschichte 6, 1-7

Als die Zahl der Jünger in Jerusalem zunahm, erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde gegen die hebräischen, weil ihre Witwen übersehen wurden bei der täglichen Versorgung.
Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und zu Tische dienen.
Darum, liebe Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Geistes und Weisheit sind, die wollen wir bestellen zu diesem Dienst.
Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben.
Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Proselyten aus Antiochia.
Diese stellten sich vor die Apostel; die beteten und legten ihnen die Hände auf.
Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem.
 

Sologesang



Predigt

Es wird gestritten in der Kirche. Auch jetzt in Corona-Zeiten.
Manche sagen: Wo bleiben die Pfarrer?
Warum lassen sie Sterbende allein?
Warum haben Kirchenleitungen nicht heftig protestiert, gegen Besuchsverbote in Altenheimen - fragt zum Beispiel Margot Käßmann.
Andere sagen: Da sieht man, wie weit sie sich von der Praxis entfernt hat.
Sollen Pfarrerinnen gegen das Hausrecht in Heimen verstoßen? Sollen sie sich infizieren und andere anstecken?

Streit unter Christen. Das gab es schon in der Apostelgeschichte.
Wir haben es eben gehört aus der Apostelgeschichte. Dort wird zunächst geschwärmt von den wunderbaren Verhältnissen in der Urgemeinde: „sie waren alle täglich einmütig beieinander… sie teilen alle Güter und Habe… und hatten alle Dinge gemeinsam“… Doch wenig später gibt es Ärger. Die sogenannten „griechischen Witwen“ werden bei der Verteilung Lebensmitteln übersehen.

Wie gut, dass die Bibel, uns solche Schwierigkeiten nicht verschweigt. Da wird kein ideales Bild gemalt von den Christen:
Ein christliches Leben läuft immer friedlich und harmonisch, keiner macht Fehler.

Die Menschen in der Bibel sind wie sie sind – sie sind wie wir sind. Und das macht uns neugierig. Wir wollen wissen, was passiert, und ob es eine Lösung gibt.

Hier gibt es eine Lösung. Sie ist sogar zu einem Modell geworden in der Kirche. Doch um sie richtig wertschätzen zu können, müssen wir erst noch einmal den Konflikt ansehen.

Der Streit hatte sich entzündet an einer empfindlichen Ungerechtigkeit. Die griechischen Witwen waren bei der täglichen Armenversorgung in der Gemeinde übersehen worden. Und damit, dass Lukas uns diesen Anlass berichtet, betont er gleich etwas. Er will sagen: Wenn ihr schon streitet in der Kirche, dann sollte es um wesentliche Dinge gehen. Um Ungerechtigkeit, Armut, Hunger. Die sind den Streit wert.

Damals in Jerusalem war richtig Dynamik in der Gemeinde. Die Gemeinde war schnell gewachsen. Sie war nicht mehr einfach zu überschauen. So dass tatsächlich Personen übersehen wurden. – Es ist in der Apostelgeschichte geradezu das Kennzeichen der Gemeinde, dass sie ständig wächst, dass immer neue und ganz unterschiedliche Menschen hinzukommen. Manche Christen bedauern ja bis heute diese Öffnung und Ausweitung der Kirche. Sie hätten gerne eine kleine Gruppe. Wärme, Geborgenheit. Jeder kennt jeden. Alle sprechen eine Sprache, haben den gleichen Geschmack.
Das war aber nicht das Ideal der ersten Christen. Die Gemeinde wuchs über die Grenzen von Sprache und Nation hinaus. Schon in der Pfingstgeschichte wird erzählt, aus wie vielen Ländern die Christen kamen, und dass sich trotz dem alle verstehen konnten.
Im Laufe der Zeit hat sich dann etwas geändert. Offenbar wurden doch Unterschiede gemacht. Da gab es Christen aus der alteingesessenen hebräisch jüdischen Gemeinde. Und solche, die aus anderen Ländern kamen und nur griechisch sprachen. Etliche von ihnen waren offenbar schon älter. Es gab eine ganze Gruppe von Witwen, die versorgt werden mussten. – Und die nun übersehen wurden.
Da entsteht Gemurre in der Gemeinde. Auch das kennen wir von uns heute. Probleme werden nicht in einer klaren Beschwerde bei der Leitung gemeldet, sondern sie entladen sich im Gemurre. Oder: Sie verschärfen sich im Gemurre.
Und was tun die Verantwortlichen? – Druck machen? Appellieren? Das berühmte Machtwort sprechen?
Nichts von alledem. Die Apostel suchen eine gründliche Lösung.
1. Schritt: Alle zusammen an einen Tisch.
2. Schritt: Die Probleme kommen nicht unter den Tisch, sondern auf den Tisch. Vorausgesetzt wird ein Konsens, über den man erst gar nicht verhandeln will, nämlich dass es solche Ungerechtigkeiten in der Gemeinde Jesu nicht geben soll.
3. Schritt: Man sucht nicht lange nach Schuldigen und gibt auch dem Gemurre nicht noch einmal Raum. Sondern konzentriert sich auf die Frage: Wie geht es weiter? Was können wir anders machen und worauf kommt es an?

Auf keinen Fall darf die Ausbreitung des Evangeliums vernachlässigt werden, das ist oberstes Ziel. Dazu muss den Aposteln der Rücken freigehalten werden. Nicht alle müssen alles tun. Sondern man teilt die Aufgaben. Neben den Aposteln gibt es die Diakone. Die ersten kirchlichen Berufe werden definiert. Die einen können reden die anderen praktisch anpacken. Und beides gehört zusammen, unverzichtbar, weil Gottes Liebe sich immer in Worten und Taten zeigt.

Man fragt auch genau, wen brauchen wir? Sieben Männer, die einen guten Ruf haben, und die voll Heiligen Geistes und mit Weisheit begabt sind. Wir würden sagen: soziale Kompetenz, organisatorisches Geschick, aber auch Glaubens- und Lebenserfahrung. Wer das mitbringt, das sehen die Versammelten insgesamt besser als die Apostel allein. Die Gemeindeversammlung wählt nämlich. Das ist ein enormer Schritt. Demokratie in der Kirche! Demokratie ist also nicht, wie manche meinen, ein zufälliges oder falsches Zugeständnis des Glaubens an moderne Zeiten. Sondern sie gehört in die Gemeinde Jesu von Anfang an.

Liebe Gemeinde, sie merken, dieser alte Text ist voll aktueller Bezüge. Streit muss sein, sagt er uns, Gemurre gibt es schon lange, hilft aber nicht weiter. Die Probleme müssen auf den Tisch und die Leute müssen an den Tisch. Vielfalt der Bedürfnisse, vielfältige Herkunft und vielfältige berufliche Kompetenz sind nicht lähmend, sondern bereichernd, und Demokratie ist ein guter Weg damit umzugehen.

Hat die Kirche heute versagt in Corana-Zeiten? Das bleibt eine spannende Frage. Noch spannender als der Rückblick ist es aus meiner Sicht, an Lösungen zu arbeiten, die nach vorne weisen. Mich hat die Kritik getroffen, dass wir als Kirche Sterbende allein lassen und sei es auch nur in wenigen Fällen. Dass wir nicht kräftig genug Zugang fordern – das kann ja sein ein Zugang unter Einhaltung der Hygienebedingungen. Unsere Bischöfin schlägt vor, dass wir unseren Kurs entsprechend nachjustieren. So soll es in jedem Kirchenkreis einen Ombudsmann geben, eine Ombudsfrau, eine Beschwerdestelle, in den Diakonischen Werken, Menschen können sich dort melden, wenn sie erfahren haben, dass sie selbst oder ihre Angehörigen ungerecht behandelt wurden. Die Suche nach einer Lösung dann im engen Kontakt mit den Kommunen. Wir schätzen als Kirche die Demokratie sehr hoch und wollen sie
nach Kräften unterstützen, wo sie gefährdet ist. – Und dazu stärkt uns dieser Text den Rücken.


Lied EG 632 1+4

1.
Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht /
und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,/
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut, /
dann wohnt er schon in unserer Welt./
Ja, dann sehn wir heute schon seinen Angesicht /
in der Liebe, die alles umfängt /
in der Liebe, die alles umfängt.

4.
Wenn der Trost, den wir geben, uns weiterträgt /
und der Schmerz, den wir teilen , zur Hoffnung wird, /
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut, /
dann wohnt er schon in unserer Welt./
Ja, dann sehn wir heute schon seinen Angesicht /
in der Liebe, die alles umfängt /
in der Liebe, die alles umfängt.


Abkündigungen


Gebet - Fürbitten Stille - Vaterunser


Sologesang: EG 590, 1


Bekanntmachungen


Segen – Gesungen: Amen, Amen, Amen


Musik zum Ausgang


Mitwirkende:
Ruth Knüppel: Lesung
Constantin Scholl: Orgel
Sibylla Kohl: Gesang
Helmut Wöllenstein: Liturgie und Predigt

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